Marktkommentar: Inflation – Der Endspurt?

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Das erste Quartal 2024 markierte für die meisten der entwickelten Aktienmärkte einen bemerkenswerten Abschnitt: Mit einem Plus von über 11 % in Euro legte der MSCI World Index das erfolgreichste Quartal der letzten fünf Jahre  hin. Dies folgt auf ein insgesamt überraschend starkes Jahr 2023. Getrieben von einer Kombination aus optimistischen Wirtschaftsdaten, vor allem in der US-Wirtschaft, sowie den Erwartungen an bevorstehende Zinssenkungen durch die meisten Zentralbanken,  konnten die Aktienmärkte deutlich zulegen. Zudem beflügelte die wachsende Begeisterung für das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) die Marktdynamik. Als Ergebnis erreichten führende Indizes wie der S&P 500, Nikkei 225, Stoxx 600 und der DAX neue Höchststände . Nun, wie geht es weiter?

Inflation nähert sich dem Zielwert

Die Zentralbanken haben bislang einen erfolgreichen Kampf gegen die Inflation geführt. Nach einem raschen Inflationsrückgang im Jahr 2023 sowohl im Euroraum als auch in den USA, zeigte sich zu Beginn des Jahres 2024 erneut ein Anstieg der Inflation in beiden Wirtschaftszonen. Dies lässt sich teilweise auf saisonale Faktoren und Inflationsberechnungsmethodologien zurückführen  . Die jüngsten Daten zeigen im Euroraum einen weiteren Rückgang der Inflation –die Hauptinflationsrate ist mit 2,4 % auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahren gefallen und auch die Kerninflationsrate erreichte ein Zweijahrestief von unter 3 % und liegt damit unter den Erwartungen. In den USA hält sich die Inflation seit einigen Monaten mit Werten   über 3 % etwas hartnäckiger.

Globale Wachstumsperspektive: Langsam aber robust

Zu Beginn des Jahres haben viele internationalen Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Weltbank, die Prognosen des globalen Wachstums für das Jahr 2024 angehoben. Zwar bleiben die Wachstumsprognosen im historischen Vergleich gering, aber das Risiko einer globalen Rezession hat sich deutlich verringert. Dies ist insbesondere auf die Stärke der US-Wirtschaft zurückzuführen, die nach einem soliden Wachstum von 2,5 % im Jahr 2023, im ersten Quartal 2024 eine Steigerung auf 2,8 % erwarten lässt. Für das laufende Jahr ist eine Gesamtwachstumsrate von über 2 % zu erwarten. Im Vergleich dazu weist die Eurozone mit vom IWF prognostizierten BIP-Wachstumsraten von 0,9 % eine deutlich schwächere Wirtschaftslage auf.

In den USA wird mittlerweile ein sanfter wirtschaftlicher Abschwung erwartet. Gleichzeitig ist die Rezessionswahrscheinlichkeit in der Eurozone aufgrund der positiven konjunkturellen Überraschungen deutlich gesunken.

Zinssenkungen in Aussicht

Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat als erste Notenbank unter den Industrieländern mit einer  ersten Zinssenkung einen neuen geldpolitischen Zyklus eingeleitet. Die Marktteilnehmer erwarten,   dass sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die US-Notenbank (Fed) der SNB folgen und in diesem Jahr den Leitzins senken werden. Jüngste Inflationsdaten stützen die Erwartung, dass die EZB im Juni eine erste Zinssenkung vornehmen wird  . Dafür spricht auch die europäische Wirtschaftslage, die schwach genug ist, um von den Zinssenkungen zu profitieren, ohne Überhitzung zu riskieren.

Auf der anderen Seite des Atlantiks ist die Situation weniger eindeutig. Die robuste US-Wirtschaftslage könnte den Arbeitsmarkt weiter belasten und die ohnehin schon hartnäckige Inflation hochhalten, um die Fed von einer vorschnellen Zinssenkung abzuhalten.  Noch vor kurzem haben die Marktteilnehmer erwartet, dass die Fed mit Zinssenkungen auch im Juni beginnen wird. Nachdem jedoch die jüngsten Inflationsdaten höher als erwartet ausfielen, haben sich die Erwartungen in Richtung September verschoben. Für die Märkte sollte es aber weniger relevant sein, in welchem Monat die Zentralbank mit den Zinssenkungen beginnt. Es ist vielmehr wichtiger, dass ein Zinsrückgang im Jahr 2024 in Aussicht steht.

Auch in anderen Ländern dürfen die Zinsen im Laufe des Jahres senken, mit einer Ausnahme von Japan. Die Bank of Japan (BoJ) hat gerade das Ende ihrer Negativzinspolitik eingeläutet. Es wird erwartet, dass die Zinssätze bis Ende 2024 langsam steigen werden.

Die Bedeutung dieser Entwicklung für die Aktienmärkte

Die beschriebenen Konjunktur-, Inflations-, und Zinsaussichten zeichnen einen eher positiven Ausblick für die Aktienmärkte.

Die wirtschaftlichen und politischen Faktoren lassen US-Aktien in 2024 weiterhin am attraktivsten erscheinen. Es ist wahrscheinlich, dass die USA ihre führende Rolle aufgrund ihrer Position als weltwirtschaftliche Supermacht im Bereich Energie, einem zentralen Bestandteil der globalen Finanzwelt, und nun auch als Technologieführer, aufrechterhalten werden. Interessanterweise zeigen sich im Jahr 2024 Veränderungen im S&P 500: Während die „Magnificent Seven“ Tech-Giganten (Microsoft, Apple, Nvidia, Amazon, Alphabet, Meta Platforms, Tesla) immer noch einen bedeutenden Beitrag leisten, ist eine Zunahme der Marktbeiträge der restlichen Unternehmen im Index festzustellen. Dies deutet auf eine diversifiziertere und gesündere Marktstruktur hin.

Europäische Aktien bleiben trotz eines schwächeren wirtschaftlichen Umfelds in der Eurozone und Europa ein wichtiger Bestandteil eines ausgewogenen Portfolios. Ihre enge Korrelation mit US-Aktien, kombiniert mit relativ günstigeren Bewertungen, machen sie besonders attraktiv. Darüber hinaus könnten europäische Aktien von bevorstehenden Zinssenkungen der EZB profitieren und bieten auch eine strategische Möglichkeit, sich gegen kurzfristige Fed-Zinsspekulationen abzusichern.

In Asien hat sich Indien als dynamische Wachstumskraft etabliert und wird voraussichtlich diese Rolle in 2024 weiter ausbauen, während China seine strukturellen Herausforderungen angeht. Mit einer möglichen Lockerung der Geldpolitik könnten auch weitere Schwellenländeraktien wieder in den Fokus der Anleger rücken.  Umgekehrt eröffnen die steigenden Inflationserwartungen nach langjähriger Deflation und die Normalisierung der Geldpolitik neue Chancen für japanische Aktien. Zudem könnten die laufenden Tarifverhandlungen, die signifikante Lohnerhöhungen erwarten lassen, den privaten Konsum ankurbeln und damit inflationsfördernde Tendenzen unterstützen.

Künstliche Intelligenz (KI) bleibt als Investitionsthema führend, besonders in den USA, aber auch in Europa und den Schwellenländern. Die KI-Revolution könnte zwar kurzfristig zu einer Steigerung der Kapitalausgaben, langfristig aber zu einer Erhöhung der Produktivität führen. Falls der Produktivitätsboom durch KI schneller eintritt als bei früheren technologischen Durchbrüchen, könnte die Weltwirtschaft sogar schneller wachsen als derzeit erwartet.

Portfolio mit Anleihen und Gold diversifizieren

Mit Aussicht auf einen Zinssenkungszyklus im Laufe des Jahres 2024 ist eher nicht mit einem deutlichen Rückgang der Renditen langlaufender Staatsanleihen zu rechnen. In einem neuen Umfeld mit strukturell höherer Inflation und steigender Staatsverschuldung könnten sich die Risikoprämien für das Halten dieser Anleihen normalisieren, was zu einer steileren Zinsstrukturkurve führen dürfte. Dies bietet weiterhin die Möglichkeit, von Carry-Exposure zu profitieren, also von höheren Zinsen und Zinsdifferenzen, besonders durch eine höhere Exposure in langlaufenden Anleihen sowohl in den USA als auch in Europa.

Steigende Zinsen führen zu Verlusten bei Anleihen. Unter der Annahme eines Zinssenkungszyklus darf das Verlustrisiko bei Anleihen tiefer ausfallen. Dadurch lohnt es sich dem Portfolio kontrolliert Anleihen beizumischen.

Obwohl die klassischen Goldpreistreiber wie die Realzinsen und die Entwicklung des US-Dollars zuletzt gegen einen Anstieg des Goldpreises gesprochen haben, hat Gold ein neues Allzeithoch erreicht. Dies wird durch die massive Ausweitung der Käufe durch globale Notenbanken und die geopolitische Lage unterstützt. Mittelfristig könnte zudem das Potenzial für sinkende Realzinsen weiteres Wachstum beim Goldpreis bieten. Darüber hinaus bleiben Gold und auch weitere Rohstoffe wichtige Bestandteile in diversifizierten Portfolios, insbesondere als Absicherung gegen erneuten Inflationsanstieg, geopolitische Spannungen und potenzielle Marktturbulenzen.

Fazit

Der Rest des Jahres 2024 wird voraussichtlich von einer anhaltenden, jedoch abnehmenden Inflation, einem verlangsamten, aber dennoch stabilen Wirtschaftswachstum und einem Zinsrückgang geprägt sein. Dies leitet einen Übergang in ein neues makroökonomisches Zeitalter ein, das durch anhaltend hohe Inflation und strukturell höhere Zinssätze gekennzeichnet ist. Die Märkte werden sich fortlaufend an diese veränderte Situation anpassen müssen, was sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringt.
Die Risikofaktoren für 2024 bleiben mannigfaltig und umfassen bestehenden Inflationsdruck, geopolitische Unsicherheiten, mögliche unerwartete Abkühlungen der Wirtschaft und die Ergebnisse der US-Wahlen. Angesichts dieser vielfältigen Herausforderungen wird eine ausgewogene und diversifizierte Anlagestrategie zunehmend wichtig, um effektiv auf die veränderlichen Marktbedingungen und sich bietenden Chancen reagieren zu können.


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ÜBER DEN AUTOR
Daria Diachenko, CFA
Daria Diachenko, CFA
Daria verantwortet als Head of Investment Strategy & Portfolio Construction das Investment Team bei Serafin Asset Management. Sie schreibt und analysiert im Journal für SRFN Beiträge rund um Finanzen.
Daria Diachenko, CFA
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